Castelnuovo-Tedesco


Review

by Dr. Jürgen Schaarwächter for KLASSIK.COM

Jan. 29, 2016

Castelnuovo-Tedesco, Mario – Klavierquintette

Kommunikatoren

Label/Verlag: cpo

Detailinformationen zum besprochenen Titel

Zum ersten Mal werden hier Mario Castelnuovo-Tedescos Klavierquintette auf einer CD zusammengefasst. Das Ergebnis kann sich mehr als hören lassen; interpretatorisch und klanglich ist das Ergebnis erstklassig.

Die Kammermusik Mario Castelnuovo-Tedescos ist ein dankbares Objekt – die Musik ist eingängig, aber auch anspruchsvoll, so dass sich die Behandlung unmittelbar lohnt. Die beiden (jeweils viersätzigen) Klavierquintette o. op. bzw. op. 155 (1932 bzw. 1951) wurden meines Wissens bislang nie auf einer CD zusammengefasst, was aber bestens funktioniert. Das erste Quintett bietet postimpressionistische und post-Strauss‘sche Farben auf, ist aber gleichzeitig typisch italienisch, melodienreich, auch kontrapunktisch fein ausgearbeitet. Im langsamen Satz finden wir durchaus ungewöhnliche Harmonik, das Scherzo ist stark rhythmisch geprägt (und hat vergleichsweise wenig Mendelssohn‘sche Faktur, die Massimo Giuseppe Bianchi im Booklet anruft). Das zweite Quartett, mit dem Untertitel 'Ricordi della Campagna Toscana', in Beverly Hills entstanden, ist deutlich eklektischer im Ton als das erste Quintett – ein evokativer Abgesang auf die Vorkriegszeit, die nicht mehr wiederkommen kann. 1939 kehrte Castelnuovo-Tedesco wegen der Rassegesetze Italien den Rücken und wanderte nach Kalifornien aus, wo Henry Mancini, Jerry Goldsmith, André Previn und John Williams zu seinen Schülern zählen sollten. Einem etwas uneinheitlichen weil vielleicht zu stark außermusikalisch inspirierten Kopfsatz folgen ein tief empfundenes 'Lento e grave' und ein Scherzo, das eine dörfliche Prozession evozieren soll, aber als wesentliches Thema den Schlager 'You Are My Sunshine' aus den 1930er-Jahren verarbeitet. Ein übermütiges Schlussrondo beschließt das effektvolle Werk.

Der Pianist Massimo Giuseppe Bianchi und das Wiener aron quartett (nicht nach dem Konzertveranstalter und Förderer Neuer Musik Paul Aron, sondern nach Arnold Schönbergs Opernfigur benannt, den das Ensemble als ‚Vermittler zwischen Moses und dem Volk‘ versteht – freundliche Auskunft des Bratschisten Georg Hamann) erfüllen beide Werke mit Verve und intensiver Innerlichkeit. Die Dichte der kontrapunktischen Faktur wird hingebungsvoll und intensiv ausgearbeitet, ohne die einzelnen Stimmen ins Hintertreffen geraten zu lassen. Vielleicht fehlt dem Flügel ein wenig eine zusätzliche Dimension, die der Musik wohl anstände, doch ist das vielleicht auch nur Geschmackssache. Dass die Streicher und das Klavier bestens aufeinander abgestimmt sind, steht außer Frage. Das ‚interplay‘ der Musiker ist rundum erfreulich und inspirierend, die Interpreten scheinen einander stetig zu Höchstleistungen anzuspornen. Die Freude, mit der die Werke erkundet werden, ist offenkundig und ansteckend, so dass man sich die CD gerne mehrfach anhören mag.

Die Aufnahmetechnik (Wolfgang Steininger) bietet ein weiteres Mal den Beweis, dass es nicht SACD-Technik braucht, um Musik in der Tiefe zu durchdringen. Die Streicher sind optimal mikrofoniert, das Klavier bildet gleichzeitig den Hintergrund und gerät doch nicht ins Hintertreffen.

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